Theaterpreisverleihung Andreas Keller © Rolf Arnold
© Rolf Arnold
16.03.2019 | Die Laudatio

Andreas Keller

 

Seit 2005 verleiht der Freundeskreis Schauspiel Leipzig e.V. den Theaterpreis, um herausragende Leistungen und Verdienste rund um das Leipziger Schauspiel zu würdigen. Bisherige Preisträger waren u.a. Armin Petras, Barbara Trommer und Matthias Hummitzsch. Bei der Wahl zum Theaterpreis des Freundeskreises Schauspiel Leipzig für die Spielzeiten 2016/17 und 2017/18 wurde zum ersten Mal auch das Publikum befragt. Per Fragebogen konnten die Abonnenten und die Vereinsmitglieder ihre fünf Favoriten nominieren. Aus fünf Kandidaten wählt dann eine Fachjury den diesjährigen Preisträger, Andreas Keller.


Alles Fotos © Rolf Arnold. Vielen Dank für die freundliche Genehmigung.


Viele verschiedene Rollen hat Andreas am Schauspiel Leipzig bereits gespielt, sodass hier nur ein kleiner Ausschnitt seines Schaffens erfolgen kann. Es sind zugegebenermaßen besonders Stücke und Rollen, die dem Laudator in besonderer Erinnerung geblieben sind.

In Karin Henkels Inszenierung von Gerhard Hauptmanns „Die Ratten“ erlebten wir Andreas Keller in den Rollen von Herr John und Frau Knobbe. Hierbei gelang ihm, seinen Rollen sowohl Tiefe als auch Kraft zu verleihen und den schweren Grad zwischen Komischen und Tragischem überzeugend darzustellen. Erwähnt sei auch, dass er bei dieser Arbeit zusammen mit Torsten Ranft auf der Bühne stand, mit dem Andreas eine lange Freundschaft verbindet.

Einer der großartigsten Sterbeszenen des Theaters gelang ihm als König Duncan in Shakespeares „Macbeth“ unter der Regie von Sebastian Hartmann. Von Macbeth, dargestellt von Thomas Lawinky, mit einem Speer erstochen, rannte Andreas über die Bühne und Holger Biege sang dazu: „Gibt es den Reichtum der Welt – morgen noch?“. Die Szene steigerte sich, indem er mit der Grazie eines Stabhochspringers, nur mit Speer statt Stab, sprichwörtlich in den Tod sprang.

Bosestraße – Herbst 2009 – Damals Centraltheater – Ein Schwarzes Auto. Auf der Rückbank drei Zuschauer. Vorne zwei Schauspieler – Andreas Keller am Steuer, Sylvia Habermann auf dem Beifahrersitz. „Schwarztaxi“ hieß dieses ungewöhnliche Theaterprojekt der norwegischen Regisseurin Pernille Skaansar. Draußen: Die Stadt, in Dunkelheit getaucht, fließt an einem vorbei. Drinnen: eine Frau, ein Mann und ihre Geschichte. Andreas spielte diesen Mann mit beeindruckender Intensität, gleichzeitig gelang es ihm, die surrealen Elemente der Geschichte furios darzustellen. Lost Highway von David Lynch live! Lang nachwirkend wir hier Stadt und Passanten so verschmolzen, dass es schwer viel, zu unterscheiden was ist Realität und was Illusion. Besonderer Höhepunkt des Abends, wenn der Wagen einen finsteren Waldweg entlangfährt, plötzlich stehenbleibt, Andreas die Tür aufreißt und wegrennt und die Zuschauer plötzlich allein in einem Auto mitten in einem Wald nahe der Stadt zurückbleiben.

Aber auch bei Darstellung menschlicher Tragödien bleibt er im Gedächtnis. Der gescheitete Boxer aus Clemens Meyer „Die Nacht, die Lichter“ in der Inszenierung von Sascha Hawemann. Ein hochtrauriger und anrührender Moment gelang Andreas hierbei zusammen mit Anna Blomeier, der das Scheitern des Boxers zum Ausdruck brachte, gleichzeitig aber auch Versöhnung stiftete.

In Clemens Meyers Theaterstück „Der Traum von Hollywood“ ebenfalls in der Regie von Sascha Hawemann, wurden Bezüge zwischen dem Osten von Leipzig und dem großen Melodramatiker Douglas Sirk hergestellt. Andreas war hier ein Öl Magnat. Wie in den Filmen von Sirk sahen wir Menschen auf der Suche nach Glück scheitern und am Ende als gebrochene Persönlichkeiten zurückbleiben. In solchen Rollen gelingt es Andreas eine genaue Studie humanistischen Geistes, aber auch menschlicher Abgründe zu vermitteln.

Shakespeares „Sommernachtstraum“ . Hier war er der Oberon. In Philipp Preuss‘ rundum gelungener Inszenierung entführte Andreas Keller die Zuschauer in eine Melange aus Albtraum und Phantasie. Er verlieh dem König der Elfen eine einzigartige Abgründigkeit, die aber auch ironische wunderbar gebrochen wurde. Besonders in den Szenen mit Anna Keil und Markus Lerch verdeutlichte sich dies auf unvergessene Art und Weise. Auch in den Preuss-Abenden „Peer Gynt“ und „Gespenster“ überzeugte Andreas Keller durch sein intensives Spiel.

Unter Spielleitung des Theaterpreisträgers Yves Hinrichs war Andreas Keller in „Tschick“ und „Annie“ zusehen. Bei diesen Arbeiten stand er gemeinsam mit Spielerinnen und Spielern des Jugendclubs auf der Bühne. Ohne verklärende Sozialromantik gelingt ihm eine realistische Darstellung der Verhältnisse, gleichzeitig überzeugt er, gemeinsam mit allen anderen Spielern, mit jugendlicher Kraft und Ausdrucksstüärke. Zurzeit ist Andreas am Schauspiel Leipzig auch in „Jeder Stirbt für sich allein /Leipziger Meuten“ als ein grandios böser Obergruppenführer Heitler zusehen.

Im April wird er in der Premiere von Heinrich von Kleist „Prinz Friedrich von Homburg“ wieder in der Regie von Philipp Preuss zu sehen sein.

Der russische Filmregisseur Andrej Tarkowski hat einmal, über uns als Zuschauer gesagt: „Wir schauen nur, doch wir sehen nicht!“ Dank Schauspielern wie Andreas Keller schauen wir nicht nur, sondern sehen auch. Herzlichen Glückwunsch zum Theaterpreis!